Inspiration
Calla Lillies 1941 Tamara de Lempicka |
Geschichte eines weit gereisten Kleides
Wir schreiben das Jahr 1941. Tamara de Lempicka steht in ihrem neuen Atelier in der USA und mahlt ihr berühmtes Bild „Calla Lilies“.
Verträumt schaut sie in die Ferne über die Hügel von Beverly Hills. Sie träumt sich in die 20er Jahre zurück, in denen ihre erste Ausstellung statt fand und sie eine gefeierte Art-deco-Malerin war. Was waren das für Zeiten:
„Sie beherrschte die bruchlose Inszenierung ihrer Modelle wie niemand anders: im Stil und Zeitgeist des Art déco der zwanziger und dreißiger Jahre. Ihre mit wenigen Farben und klaren Linien perfekt skulptierten und mit sparsamen Accessoires dekorierten Körper und Köpfe werfen zwar Schatten, aber Falten haben sie keine. Sie war spezialisiert auf Akt und Porträt, Anonymität zum einen, Prominenz zum anderen, eine Mischung, perlend wie gut gekühlter Champagner. Sie beschrieb in den Akten die im wahrsten Sinne des Wortes formvollendete Frau weder als Maschine noch als Individuum, sondern als Typ. Bis in die Locken hinein, gewellt gerollte Metallbänder, sind diese Frauen von exquisiter Künstlichkeit. Entleerte Blicke, kostbare Gesten, kein Feuer, nirgends, aber es züngeln kleine Flammen der Begehrlichkeit. Zu dieser Inszenierung gehörten natürlich auch die Accessoires, gehörten die Schals und Stolen, die fließenden Seidengewänder, die den Körper mal locker umspielen, mal hautnah einfangen, die aber in jedem Fall die Vorgaben der Natur sichtbar werden lassen…“
Doch diese Zeiten waren vorbei, in einem nostalgischen Anflug von Zärtlichkeit zur vergangenen Zeit und zu ihrem neu entstandenen Bild, beauftragte sie eine ihrer früheren Haute Couture Schneidereien in Paris ein Kleid für sie im Stile der 20er Jahre und inspiriert durch ihr neues Bild anzufertigen....
...Das Ergebnis war umwerfend. Doch bald schon begriff sie, dass sie durch Zurückholen ihres alten Stils kein neues Leben beginnen konnte, das Kleid verschwand im Schrank und sie wandte sich bald einem neuen Stil zu…
Mehr als ein halbes Jahrhundert später entdeckte eine Kostümbildnerin an einem deutschen Schauspielhaus eine wunderschönes 20er-Jahre Kleid mit schönem Callamuster. Zwar ist das Kleid schon alt und verblichen, doch genau dies macht nun seinen Reiz aus.
Die Schauspielerin, die den Charakter Paula Clothilde Clausens in Hauptmanns „Vor Sonnenuntergang“ verkörpert, soll dieses Kleid tragen. Der Charakter scheint nicht zum Kleid zu passen, es wirkt als träume sich Paula trotz ihrer scharfen unangenehmen Züge und ihrem Geierhals in große Rollen des Lebens. Das verblichene Aussehen des Kleides unterstreicht ihr vergebliches Bestreben hohe Positionen in der Gesellschaft einzunehmen. Sie hat Haare auf den Zähnen und intrigiert hinter jedem Rücken. Unzufriedenheit schlägt sich auf ihre ganze Umgebung nieder…
… in den letzten Jahren ihres Lebens tyrannisiert die Lempicka ihre Angehörigen und stirbt unzufrieden und verbittert.
Entwurf
Umsetzung